Tsunami in der virtuellen Konstruktion – Innovationswelle trifft das Rückkühlwerk

Von: Andreas Hedrich

Die Optimierung des Prozessdurchlaufs in der Konstruktion war Thema des Auftrags der E. W. Gohl GmbH in Singen an die Steinbeis Advisory Singen im Februar 2008. Zu Beginn sagte Projektleiter Andreas Hedrich: „Hier ist weitaus mehr Potential enthalten als gedanklich durch Mitarbeiter und Geschäftsführung vorgetragen wurde.“ Seine spontane Idee: Die Kühltürme müssen bereits in der Angebotsphase automatisiert und im Anschluss an die Produktion weitergeleitet werden. Ein virtuelles Geisterhaus? Die Firma E.W. Gohl GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen, das 1933 gegründet wurde. Ursprünglich in 4 verschiedenen Fachbereichen tätig, konzentriert man sich inzwischen ausschließlich auf die Kühlturmproduktion. Als europäischer Spezialist für Kühlturmbau hat sich die Firma in ihrer über 50jährigen Geschichte einen herausragenden Namen erarbeitet. Die verschiedenen Baureihen DT, PTP, VK, VV, HK, LW und SK mit all deren Varianten und Zubehörkomponenten sollen virtuell und ohne Manpower konstruiert und eine abgeleitete Zeichnung dem Ingenieur/Techniker zur Verfügung gestellt werden. Eine echte Herausforderung!

Andreas Hedrich: „Mit der heutigen Technologie kann dies umgesetzt werden. Inwieweit wir an die 100% Marke herankommen, ist noch nicht absehbar, mehr als 90% werden wir jedoch erreichen.“

Bevor dieses Projekt jedoch umgesetzt werden konnte, mussten vorab die Rahmenbedingungen wie Investitionskosten, CAD-Tauglichkeit, CAD-Anbieter und –Dienstleistungspartner sowie das Projektteam geklärt werden! Die Nutzwertanalyse des Projektleiters Andreas Hedrich schaffte eine effiziente Möglichkeit, an transparente und neutrale Daten zu gelangen und zu erkennen, welche Produkte für die Firma E. W. Gohl GmbH geeignet wären. Nach Abwägung der geforderten Merkmale und der Kosten entschied man sich im September 2008 für die Einführung von Solidworks als CAD System mit dem dazugehörigen PDM. Das Projekt erhielt den Namen „GohlCAD“.

Voraussetzung für den endgültigen Kauf war die intensive Schulung des Projektleiters und des Leiters der Produktentwicklung auf diesem System sowie die Erstellung eines sog. Pflichtenheftes für die neue Vernetzungssoftware. Die gemeinsame Erarbeitung mit Solidpro erfolgte nach Abschluss der Ausbildung im Sommer 2009. Die Auftragserteilung erfolgte im Dezember 2009.

Parallel dazu wurde mit der 3D-Konstruktion der Einzelteile begonnen. Da zuvor nur mit einem 2D-System CADkey gearbeitet worden war, mussten nun alle Bauteile auf Grundlage von gedruckten oder digitalen Maßblättern unter Abstimmung mit der Produktion neu erstellt werden.

Unter Einhaltung folgender Zielsetzungen:

„     Abschaffung der 2D Konstruktion
„     Know-How Zusammenführung
„     Größere Unabhängigkeit des Vertriebs
„     Produktivitätssteigerung durch Einsatz von 3D CAD Systeme
„     zusätzliche Produktivitätssteigerung durch die Vernetzung CRM und CAD
„     Neue Medien – neue Marketingansätze
„     Rollout 3. Quartal 2010

Wie arbeitet das GohlCAD? Prinzipiell sind die Komponenten bekannt. In den Bereichen Vertrieb und Auftragsbearbeitung benötigt man ein Softwaresystem und einen Konfigurator (Regelwerk), auf der Konstruktionsseite ein CAD-System mit integriertem PDM-System und dazwischen eine Software (Vernetzungssoftware), die die Ausgabebefehle des Konfigurators direkt ins CAD-System einfließen lässt. Somit benötigt man eine Schnittstelle im CAD, die es erlaubt CAD Befehle „von außen“ anzustoßen. In der Regel nennt man diese Schnittstelle API. In der heutigen CAD Verfahrenstechnologie funktioniert dies über das Erstellen eines 3D CAD Geometriemodells als Grundlage für die Ableitungen der automatisierten 2D Konstruktion. Diese 2D Konstruktion beinhaltet die Standardansichten, eine ISO-Ansicht, den Fundament- und Belastungsplan. Zur Verbesserung der Ãœbersichtlichkeit werden Textbausteine an den vorgesehen Komponenten angeheftet. Auf Wunsch können die Neutralformate step, pdf, dxf, edrw und easm erzeugt werden. Die angeforderten Neutralformate werden in die entsprechenden Angebots- und Auftragsordner abgelegt und sind somit  für jedermann zur Einsicht verfügbar. Selbstverständlich können nicht alle Wünsche in einer automatisierten Umgebung erfüllt werden. Dennoch wurden nahezu alle Anforderungen für die Angebotserstellung erfüllt. Für die Auftragsbearbeitung wurden zwei weitere Funktionen vorgesehen. Zum einen die automatisierte Erzeugung aller Blechteile in DXF-Format und zum anderen die automatisierte Ãœbertragung von Loch- und Ausschnittsbildern in die Blechteile.

Aussagen des Geschäftsführers Vertrieb und Marketing: Ein gutes Werkzeug ist das SolidWorks Datenaustauschprogramm „eDrawings“. Es ermöglicht das Einlesen, Betrachten und Kommentieren von SolidWorks-Daten ohne CAD-Lizenz. Das kostenlose Tool wird daher dem Vertrieb helfen, sich optimal mit der Konstruktion abzustimmen und Bauteile im Kundengespräch optimal zu präsentieren und zu erklären. Details können direkt aus der Konstruktion anhand von übersichtlichen 3D-Modellen erklärt werden. Diese sind beliebig drehbar und von allen Seiten zu betrachten. Die Bedienung ist selbsterklärend und bedarf keiner Schulung. Somit ist das Werkzeug im Vertrieb direkt einsetzbar und der technische Vertrieb in die Fortschritte des Unternehmens konkret und umfassend eingebunden.

Aussagen des Leiters der Produktentwicklung: „Im PDM-System finden wir unsere Konstruktionsdaten wie auch Teilzeichnungen viel schneller“, betont Herr Christian Noack. „Diese Zeitersparnis zieht sich bei der Änderungskonstruktion fort.“ Er fügt hinzu: „Das Ganze ist jetzt sehr übersichtlich strukturiert! In dem CAD-System Solidworks können die technischen Sachverhalte virtuell geprüft werden. Die Einbausituation von Zubehör und Nachrüstkomponenten an neuen und bestehenden Geräten kann jetzt viel besser beurteilt werden.“ Herr Christian Noack meint: „Jetzt können wir die passenden Kühltürme zu den Angeboten und Aufträgen generieren.“ Er ergänzt: „Die neue Kühlturmvisualisierung mitsamt den digital erzeugten Daten kann ebenfalls für weitere Anwendungen wie z. B.: Marketing, Dokumentation, Erstellung von Prospekten, Flyern und Präsentationen genutzt werden.“

Aussage des Projektleiters: „Mit der Einführung der GohlCAD-Welt hat sich die Firma Ressourcen für das eigentliche Konstruieren bewahrt. Im Ergebnis bedeutet dies die voll umfängliche Bearbeitung der Kundenwünsche und –anforderungen zu ihrem Vorhaben. Die Standardkonstruktionen und die Digitalisierung des Know-Hows sind von nun an fest eingebettet. Dies wird nach meiner Meinung die Markt- und Wettbewerbssituation stärken! Für die zukünftigen Entwicklungsprojekte hat man einen wichtigen Komponentenpool geschaffen. Hier gehe ich ebenfalls davon aus, dass die in Zukunft zu bewältigenden Entwicklungsstufen von deutlichen Zeit- und Kostenersparnissen geprägt sein werden. Anschlussprojekte könnten nach der kompletten Integration in 2011/12 die Fluidsimulation und/oder die digitale Dokumentation sein. Für diese zwei Aufgaben stehen heute schon Produkte des Herstellers zur Verfügung.  In diesem Zusammenhang möchte ich mich ganz besonders bei der Firma E.W. Gohl GmbH für die außergewöhnliche und herausfordernde Aufgabe bedanken.“


Unter nachstehenden Seiten können Sie sich weiter informieren: http://www.gohl.de http://www.stz-rating.de und http://www.gemini.li 

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